Madrid |
Zuerst einmal: Gegen die eigene Regierung. Diese hat der eigenen Wirtschaft bisher noch nicht wieder in den Sattel helfen können, trotz massiver Lohnkürzungen für Staatsbedienstete sowie Kürzungen im Renten- und Sozialbereich, um nur einmal einige Punkte aus dem von Ministerpräsident Luis Zapatero eingeläutetem Sparprogramm zu erläutern. Man mag sich fragen: Wie kann man Spanien helfen? Nun, zunächst einmal gar nicht, ohne eine 180° Drehung in der europäischen Wirtschaftspolitik. In der Pflicht ist hier vor allem Deutschland. Denn die Schräglage in Arbeitsmarkt und Finanzen geht vor allem auf den ungleichgewichteten innereuropäischen Handel zurück.
Die Proteste richteten sich bisweilen auch schon gegen Angela Merkel, die durch stumpfe und unzutreffende Äußerungen bezüglich angeblich faulen Südeuropäern das Fass zusätzlich zum Brodeln brachte. Was auf einem Frühlingsfest der CDU im schönen hochsauerländischen Meschede aus ihrem Mund kam, hat so manchem Interessierten die Milch versauert. So ließ sie sich aus, "dass man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch ein wenig gleich anstrengen - das ist wichtig".
Basis der "Bewegung des 15. Mai", wie sich der Protest selbst nennt, sind offenbar jugendliche und Studenten, die in Spanien schon seit eh und je unter schlechten Berufsaussichten leiden. Befristete oder schlecht bezahlte Jobs sind oft ein notwendiges Übel das sie auf sich nehmen müssen. Nach Beendigung des Bezugs von Arbeitslosengeld, muss man für 6 Monate mit 400 Euro auskommen. Danach wird der Geldhahn zugedreht. Von den 1,4 Millionen Familien, in denen niemand Arbeit hat, sind bereits 1 Million aus diesem sozialen Raster gefallen, währrend die Hilfspakete in Milliardenhöhe für die Banken als "unausweichlich" bezeichnet werden.
Menschenketten, Straßensperren, das Umbenennen von öffentlichen Plätzen. All das spielt sich nicht nur auf den Straßen von Madrid ab, sondern auch in dutzenden weiteren Städten. Ein gewisses Muster und der Aufbau von festeren Strukturen steckt dahinter, nicht zuletzt um die Organisation der verschiedenen lokalen Gruppen zu bewerkstelligen. Die größte Rolle spielt hierbei vor allem - wie könnte es anders sein - das Internet, allen vorran Facebook und Twitter. Anders lässt sich die parasitäre Ausbreitung wohl auch kaum erklären.
People of Europe - Rise Up |
Um einmal auf den Punkt zu kommen: Sinnvoll ist es allemal, sich in einer Notlage zu wehren, sich der etablierten Elite entgegenzusetzen, wenn einem klar wird, dass diese nicht mehr im eigenen Interesse handelt. Aber bedeutet das Umgekehrt auch, dass man direkt in den Populismus abgleiten muss? Bedeutet das, dass man nur dann eine solch massive Bewegung mobilisieren kann, wenn man die größten Probleme des Volkes zusammennimmt und damit Sturm rennt?